Dienstag, März 19

Operative Exzellenz, die Rettung aus der E-Commerce-Talsohle (1)

Operative Exzellenz, die Rettung aus der E-Commerce-Talsohle (Grafik: Depositphotos)

Nach dem Corona-Aufwind folgt die Corona-Talsohle. Umsätze sinken, Investoren kramen scheinbar in Vergessenheit geratene BWL-Grundsätze heraus. Gnadenloses Wachstum auf Kosten der Rentabilität ist auf einmal out und Erträge sind in. Aber wie kommt man an mehr Erträge bei weniger Umsatz um die Talsohle wieder zu verlassen? Teil 1 unserer Serie zur operativen Exzellenz.

Teil 2 unserer Serie zeigt hilfreiche Praxisansätze auf: 5 Praxistipps für mehr operative Exzellenz: mehr Ertrag, weniger Kosten.

Die Meldung dass Amazon seine Logistikzentren untervermietet, weil der Platz mangels Inventar gerade nicht benötigt wird, hat in der wachstumsverwöhnten E-Commerce-Welt für Erschütterungen gesorgt. Bei manchen meiner Gesprächspartner funkelte schon fast hysterische Panik in den Augen. Schließlich sprach Bloomberg von mehr als zehn Millionen Quadratmetern und einigen Kündigungen von Mietverträgen. Erschwerend kam hinzu, dass der E-Commerce-Gigant auch noch Verluste einfährt. 

Eigentlich ist der Vorgang wenig überraschend, hat doch Amazon seinen Geschäftsbetrieb während der Pandemie extrem vergrößert. Bei einer langsamen Normalisierung der Lage war ein Rückgang der pandemie-bedingten Nachfrage zu erwarten. Amazon CEO Jassy kommentierte den Vorgang mit dem Hinweis Amazon wolle sich jetzt auf die Verbesserung der Produktivität konzentrieren.

Do it like Amazon: Solange optimieren, bis operative Exzellenz erreicht wird 

Klar, Optimierungen sind weniger glamourös als neue Finanzierungsrunden und große Growth-Initiativen, versprechen aber Ertragssteigerungen, niedrigere Kosten und zufriedenere Kunden. Es ist im Moment aber eine sinnvolle Strategie, das eigene Unternehmen zu optimieren. In einer Zeit der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit reagieren Kund*innen zurückhaltend, deshalb kann es passieren dass der Versuch mit aller Gewalt Wachstum zu erzeugen, hohe Kosten mit sich bringt und zu Lasten der Erträge geht.

Amazon agiert sehr agil, neue Konzepte oder Produkte werden ausgerollt und nach erfolgreicher Etablierung werden die dazugehörigen Prozesse immer wieder vereinfacht und effizienter gestrafft. Die Einführung der Kategorie Spielzeug auf Amazon.com ist ein schönes Beispiel dafür: Während die Weihnachtszeit anrollte stellte Bezos fest, dass ihnen die wichtigsten Spielzeug-Bestseller fehlten. Flugs kauften er und seine Crew die umliegenden Läden leer, die sie mit Fahrzeugen erreichen konnten. Erst später wurden die notwendigen Einkaufsprozesse verbessert und optimiert aufgebaut, um im nächsten Jahr Gewinn zu erzielen. Erstmal hemdsärmelig ausrollen ist in Ordnung, aber irgendwann kommt der Zeitpunkt an dem an der operativen Exzellenz gearbeitet werden muss. Einen besseren Zeitpunkt als jetzt, in der Talsohle, werden E-Commerce-Unternehmen dafür nicht mehr finden.

Das bedeutet operative Exzellenz

Was bedeutet der sperrige Begriff „Operative Exzellenz“ eigentlich? Im Prinzip stecken zwei Bedeutungen in dem Begriff: Zum einen die operative Exzellenz als dauerhaft angewandte Strategie, als nie endenden Weg zum Ziel. Und das eigentliche Ziel, die operative Exzellenz. Im wesentlichen geht es darum Unternehmensabläufe effizienter und produktiver zu gestalten.

Geprägt wurde der Begriff von den Autoren Michael Treacy and Fred Wiersema in ihrem 1995 erschienen Buch „The Discipline of Market Leaders“ in dem sie ein Strategiemodell namens  „The Value Disciplines Model“, entwarfen, das heute in nahezu jeder Unternehmensberatung bekannt ist. Dazu analysierten Treacy und Wiersema fünf Jahre lang große Unternehmen wie Wal-Mart, Dell, Home Depot, Intel, und Sony. Heraus kam dabei ein Modell das aus den drei Wertdisziplinen 

  • Produktführerschaft,
  • Operative Exzellenz und 
  • Kundennähe

besteht. Die beiden Autoren schlussfolgerten aus Ihrer Untersuchung, dass Unternehmen in einer dieser drei Disziplinen glänzen müssen und in den anderen beiden anderen Disziplinen nur minimale, zufriedenstellende Marktstandards erfüllen sollten. Da Unternehmen nur dort glänzen und wachsen würden, wo sie besonders gut sind.

Fun Fact: Treacy und Wiersema glänzen in operativer Exzellenz und schufen sich ihre Produktführerschaft, in dem sie tausende Exemplare ihres Buches gezielt bei den Buchhandlungen kauften, die für die New York Times als Datengrundlage für die Bestsellerliste dienten. Danach zeigten Sie Kundennähe in dem sie dutzende Vorträge verkauften um ihr Modell zu präsentieren. Die Maßnahmen galten anscheinend als legal, aber die New York Times änderte daraufhin ihren Prozess zur Erfassung von Bestsellern. 

Die Moral von der Geschicht? Auf eine einzelne Wertedisziplin fokussiert man sich nicht. Zumindest nicht dauerhaft, wie am Beispiel von Amazon zu sehen ist. Unternehmer*innen sollten mit der Wertedisziplin beginnen, die der Stärke des Unternehmens entspricht und dann die Entwicklung in den weiteren Disziplinen vorantreiben.

Entwickle eine Strategie um operative Exzellenz zu erreichen 

Nutze die ruhige Saison, die Ruhe vor dem Weihnachtssturm, um eine Strategie für operative Exzellenz zu entwickeln.

  1. Operative Exzellenz ist kein Kurzstreckenlauf, es ist ein Marathon ohne Ende. Versteht also diesen Aufruf nicht als Keller-Aufräum-Aktion, die beendet ist, wenn der Keller leer ist. 
  2. Grundsätzliches Ziel: Effizienz und Produktivität steigern und dadurch direkte Kosten senken.
  3. Zweites Ziel: Mit den Verbesserungen, die zu mehr operativer Exzellenz führen, mindestens eine weitere Wertedisziplin positiv beeinflussen, falls möglich auch zwei.
  4. Beschädige keine andere Wertedisziplin durch deine operative Exzellenz-Strategie. Beispielsweise nicht stumpf Kosten senken in dem Du wie der Bastard Controller from Hell einfach die größten Kostenstellen nimmst und diese eindampfst. Mitarbeiter rauswerfen kann deine Produktführerschaft gefährden und dünnere Kartonagen deine Kundennähe durch ein schlechtes Kundenerlebnis bei der Lieferung. 
  5. Wenn Du etwas verbessern willst, musst Du es messen können. Sonst wirst Du nie wissen ob oder wie erfolgreich deine Verbesserungen waren. Lege deshalb die notwendigen Grundlagen in dem Du alle relevanten Kennzahlen definierst.

Weiter in der Serie „Operative Exzellenz“

Wenn Onlinehändler*innen ruhige Zeiten dazu nutzen, ihre Betriebsabläufe zu optimieren, können Sie so mehr Ertrag erwirtschaften und Kosten sparen. Nach unserer Einführung zeigt Teil 2 unserer Serie hilfreiche Praxisansätze auf:

➡️ 5 Praxistipps für mehr operative Exzellenz: mehr Ertrag, weniger Kosten.


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